Was sich hinter einer Skoliose verbirgt, verrät Ihnen zur Hälfte bereits die Übersetzung des altgriechischen Begriffes „skolios” mit „krumm“. Auf welchen Körperbereich sich diese gesundheitliche Beeinträchtigung bezieht, verraten wir Ihnen: Es geht um Ihre Wirbelsäule. Zwar wölbt sich diese grundsätzlich bei jedem Menschen nach vorne und hinten. Doch bei Skoliose-Patienten biegt sie sich auch zur Seite, oftmals verdrehen sich zudem die einzelnen Wirbelkörper. Davon sitzen bei Ihnen zwölf im Brust- und sieben im Halsbereich, fünf an Lende und Kreuzbein sowie vier am Steißbein. Wie genau sich eine Skoliose äußert und welche Formen es gibt, erfahren Sie im Folgenden. Wir sagen Ihnen, bei welchen Anzeichen Sie hellhörig werden sollten und welche Therapiemaßnahmen Linderung versprechen.
Diese Formen der Skoliose gibt es
Wirbelsäulen gelten als bewegliche Achsen des menschlichen Skeletts. Seitlich betrachtet sehen sie typischerweise aus wie ein doppeltes „S“. Hals- und Lendenwirbel sind leicht nach vorne, Brust- und Kreuzbein nach hinten geneigt. Dank dieser Krümmung und den flexiblen Bandscheiben zwischen Ihren einzelnen Wirbeln können Sie Erschütterungen und Belastungen abfedern. Den Unterschied zu Skoliose-Patienten erkennen Sie von hinten. Gegenüber gesunden Wirbelsäulen verlaufen sie nicht gerade von oben nach unten, sondern krümmen sich dauerhaft auch zur rechten oder linken Seite. Neben dieser typischen Besonderheit werden anhand verschiedener Aspekte weitere Differenzierungen vorgenommen.
Krümmungsgrad
Benannt nach einem US-amerikanische Orthopäden aus dem 20. Jahrhundert, bestimmt der „Grad Cobb“ das Ausmaß der seitlichen Wirbelsäulenverkrümmung. Nach aktuellem Stand teilen Mediziner die Schwere der Krankheit anhand der folgenden Winkel ein:
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Leichte Skoliose
Winkel zwischen zehn und 40 Grad Cobb
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Mittelschwere Skoliose
Winkel zwischen 40 und 60 Grad Cobb
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Schwere Skoliose
Winkel von 61 bis 80 Grad Cobb
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Sehr schwere Skoliose
Winkel über 80 Grad Cobb
Krümmungsmuster
Auch die Krümmung selbst tritt in optisch mehrfachen Varianten auf. Bei einer C-Form biegt sich die Wirbelsäule komplett zu einer Seite. Sind zwei gekrümmte Abschnitte erkennbar, handelt es sich um eine S-förmige Skoliose. Die Triple-Skoliose schließlich weist zwei S-förmige, in entgegengesetzte Richtungen verlaufende Krümmungen auf. Zudem werden rechts- beziehungsweise links-konvexe Skoliosen unterschieden.
Krümmungshöhe
Eine weitere Einteilung erfolgt nach der Höhe, auf der die seitliche Neigung auftritt.
- Brustwirbelsäule: thorakale Skoliose
- Lendenwirbelsäule: lumbale Skoliose
- Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule: thorakolumbale Skoliose
- in Brust- und Lendenwirbelsäule: thorakale und lumbale Skoliose
Patientenalter
Selbst Neugeborene können bereits von Skoliosen betroffen sein, nach oben gibt es hinsichtlich des Patientenalters keine Grenzen. Vor allem für die später empfohlene Therapieform ist der Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Bedeutung.
- Die Säuglings-Skoliose ist eine seltene Frühform, die sich zumeist im Laufe der ersten Lebensmonate von selbst wieder legt
- Von einer infantilen Skoliose spricht die Medizin bei ersten Anzeichen bis zum dritten Lebensjahr, von einer juvenilen Form beim Auftritt im Alter zwischen vier und zehn Jahren.
- Zumeist handelt es sich um Adoleszenten-Skoliosen, die ab dem elften Lebensjahr diagnostiziert werden.
Auslöser
Unterschieden werden zudem Skoliosen zudem anhand der möglichen Rückverfolgung ihrer Ursache. Diese ist bei symptomatischen bzw. sekundären Formen immer bekannt. Bei idiopathischen Skoliosen hingegen finden selbst Experten keinen konkreten Auslöser.
Echtheit
Die genannten Skoliosen gelten als strukturelle und damit „echte“ Krankheitsbilder, während sich hinter funktionellen Skoliosen „unechte“ Fehlhaltungen verbergen. Diese entstehen aufgrund akuter Umstände und normalisieren sich mit der Zeit von alleine.
Beispiel: Ein kurzfristiger Becken-Schiefstand nach einer Sportverletzung
Hinweis: Zwar liegen Bandscheiben als Stoßdämpfer zwischen Ihren einzelnen Wirbeln. Eine Skoliose ist dennoch kein Bandscheibenvorfall. Hier trifft nach außen gedrücktes Gewebe auf Nervenbahnen und verursacht dadurch Rückenbeschwerden. Die Ursachen finden sich zumeist in konkreten Auslösern wie Haltungsfehlern, körperlicher Schwerstarbeit oder ruckartigen Bewegungen. Damit sind Bandscheibenvorfälle zumeist nur temporär, Skoliosen hingegen dauerhaft.
Anzeichen
Sie sind sich nicht sicher, was sich hinter Ihrer körperlichen Fehlhaltung verbirgt? Bevor Sie einen Arzttermin vereinbaren, beobachten Sie sich genau. Dank einiger typischen Anzeichen können Sie zumindest die Wahrscheinlichkeit einer Skoliose-Erkrankung relativ einfach erkennen.
Betrachten Sie Ihre Körperhaltung im Ganzkörperspiegel. Steht Ihr Becken schief, halten Sie den Kopf ungerade oder haben Ihre Schultern nicht die gleiche Höhe? Diese optischen Auffälligkeiten sind charakteristische Skoliose-Symptome und deuten nach längerer Zeit ohne Veränderungen auf eine Erkrankung hin. In schweren Fällen treten zudem Buckel oder Muskel-Wulste im Lenden- und Hals-Bereich auf.
Allerdings stören diese äußeren Anzeichen zunächst möglicherweise nur kosmetisch. Denn die seitlichen Krümmungen führen nicht erforderlicher Weise zu körperlichen Beschwerden. Ohne Behandlung werden Sie nach Jahren jedoch auch physische Auswirkungen spüren. Ihre hintere Muskulatur verspannt, Ihr Rücken, Nacken und möglicherweise sogar Ihre Knie schmerzen. Im drastischen Fall vermindert sich sogar Ihre Lungenkapazität und führt zu Atemnot, Herzrasen oder Druck auf der Brust.
Mögliche Skoliose-Therapien
Die Behandlung einer Skoliose richtet sich nach Art Ihrer Erkrankung. Ihr behandelnder Arzt wird zunächst versuchen, eine Ursache zu bestimmen und im Anschluss Ausmaß und Lage der Krümmung berechnen. Schließlich wird er seine Therapie-Empfehlung an Ihrem Alter sowie Ihrer körperlichen Verfassung ausrichten.
Erwachsene
Sind Ihre Knochen bereits vollständig ausgewachsen und Sie ansonsten fit und gesund, bestimmt der Krümmungswinkel die Behandlungsform.
- Bei leichten Skoliosen werden zumeist Physiotherapien oder Krankengymnastik empfohlen.
- Stärkere Verkrümmungen der Wirbelsäule erfordern maßgeschneiderte Skoliose-Korsetts. Die Kunststoffhülle enthält spezielle Druckpolster und kann Ihre Wirbelsäule langfristig zu ihrer Ursprungsform zurückführen. Eine erfolgreiche Behandlung setzt allerdings voraus, dass Sie diese Orthese fast ununterbrochen am Körper tragen. Maximal zwei Stunden täglich dürfen Sie Gurte und Klettverschlüsse öffnen und das Korsett ablegen. Auch daher zeigt diese Skoliose-Therapie nicht immer das gewünschte Resultat. Sie beugt allerdings einer Verschlechterung vor und mindert zugleich mögliche Schmerzen.
- Operationen werden zumeist bei Verkrümmungswinkeln ab 40 Cobb-Winkeln durchgeführt. Dabei wird Ihre Wirbelsäule gestreckt und mit Schrauben oder Stäben stabilisiert. So sollen die bestehende Krümmung beseitigt und ein Fortschreiten der Krankheit verhindert werden. Bei einer Spondylodese führen Ärzte ihre betroffenen Wirbel zusammen. Ohne chirurgischen Eingriff kann die verschleißbedingte Erkrankung der Wirbelsäule langfristig Ihr Herz-Kreislauf-System sowie Ihre Lungenfunktion beeinträchtigen.
Minderjährige
Krankengymnastik oder Gips-Korsetts werden normalerweise bis zum Alter von zehn Jahren verschrieben. Ab diesem Zeitpunkt gelten Operationen als gängige Maßnahme.
Titan-Stäbe ermöglichen ein weiteres Wirbelwachstum. Allerdings müssen sie spätestens nach jeweils sechs Wochen erneut durch einen chirurgischen Eingriff an die Körpergröße des Kindes angepasst werden.
- Mitwachsende Stäbe enthalten kleine Motoren und lassen sich ferngesteuert an die Wachstumsphasen anpassen.
- Beim Shilla-Verfahren wachsen Platte, Stäbe und Schrauben ebenfalls mit. Ist das Knochenwachstum beendet, werden sie wieder entfernt.
- Die Klammer-Technik schließlich wird bei Krümmungswinkeln unter 35 Grad Cobb angewandt. Dabei setzen die Orthopäden kalte krallenförmige Klammern an die Krümmungsseite der Wirbelsäule an, die sich aufgrund der Körperwärme in ihre Ursprungsform zurückwandelt.
Selbsthilfe
Nach Operationen werden zumeist weitere ambulante oder stationäre Physiotherapien empfohlen. Gegen Schmerzen helfen lokale Betäubungsspritzen oder eine elektrische Nerven-Stimulation.
Doch Sie können auch selbst etwas tun. Tabletten und Wärmepflaster lindern Beschwerden ebenso wie krankengymnastische Übungen. Auch ergonomische Stühle oder Kopfkissen sind oft hilfreich.